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Die Flüchtlingskrise im Libanon 2013-2016 und die Rolle des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) | Libanon | bpb.de

Die Flüchtlingskrise im Libanon 2013-2016 und die Rolle des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR)

Marc Petzoldt

/ 13 Minuten zu lesen

Im Jahr 2016 beherbergt der Libanon mehr als eine Million syrische Flüchtlinge, die 25 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes ausmachen. In Bezug zur Bevölkerungsgröße ist das die weltweit höchste Zahl an Flüchtlingen. Der Konflikt in Syrien geht ins sechste Jahr und humanitäre Einsätze im Libanon entwickeln sich von Notfall- in langfristigen Maßnahmen zur Krisenbekämpfung.

Syrische Familie in einem Flüchtlingslager im Bekaa-Tal. 48 Prozent der syrischen Flüchtlingsbevölkerung im Libanon sind unter 15 Jahre alt, 36 Prozent sind jünger als zehn Jahre. (© picture-alliance, APA/picturedesk.com)

In den vergangenen Jahren haben libanesische Kommunen großzügig Syrer aufgenommen und geschützt, die vor dem unerträglichen Leid flohen, das durch den Krieg in ihrem Herkunftsland hervorgerufen worden war. Die libanesische Bevölkerung hat ein bemerkenswertes Maß an Solidarität gezeigt. Bis Anfang 2015 hielt der Interner Link: Libanon seine Grenzen offen. Seitdem beschränkt sich die Aufnahme syrischer Staatsbürger auf Personen, die nachweisen können, dass ihr Aufenthalt im Libanon unter eine der durch die Regierung genehmigten Aufenthaltskategorien fällt. Die meisten syrischen Flüchtlinge leben in Kommunen über das ganze Land verteilt, sie konzentrieren sich allerdings vor allem in ärmeren Gegenden im Norden des Landes und in der Bekaa-Ebene sowie in der Hauptstadt Beirut. Bereits vor der syrischen Flüchtlingskrise zählten der Norden des Landes und die Bekaa-Ebene zu den ärmsten und am schlechtesten versorgten Regionen des Landes. Soziale Dienstleistungen, die Infrastruktur und die Möglichkeiten zur Sicherung der eigenen Existenz waren eingeschränkt und oft unzureichend.

Entwicklung der Flüchtlingszahlen (© UNHCR)

Die Zuwanderung von Flüchtlingen stellt eine enorme Belastung für die aufnehmenden Kommunen dar, die im Interner Link: Libanon stärker zu spüren ist als in jedem anderen Land der Region. Eine gemeinsame Studie der Vereinten Nationen (UN) und der Weltbank aus dem Jahr 2013 zeigte, dass sich die Kosten der Krise für die öffentlichen Haushalte und die Ausgaben für die Stabilisierung im Libanon bis Ende 2014 auf 5,1 Milliarden US-Dollar belaufen würden. Folgenabschätzungen der UN ergaben, dass ein zunehmender Druck auf grundlegende staatliche Dienstleistungen (wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Ver- und Entsorgung von Wasser sowie Abfallentsorgung) und eine wachsende Konkurrenz um Arbeitsplätze und Einkommensquellen zu beobachten sei. Einige Berichte weisen auf zunehmende Spannungen und wachsende Frustration in der aufnehmenden Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen hin. Bis heute ist es zwischen den einzelnen Gemeinschaften aber noch nicht zu ernsthaften gewaltsamen Zwischenfällen gekommen.

Es wird allgemein anerkannt, dass der Libanon kontinuierliche internationale Unterstützung benötigt, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die Weltbank hat erklärt, dass trotz eines leichten Wirtschaftswachstums die negativen Auswirkungen der Syrienkrise der libanesischen Wirtschaft eine hohe Bürde aufgelastet haben. Zu den wirtschaftlichen Belastungen zählen die Beeinträchtigung des Handels, der Rückgang des Tourismus und ein erhöhter Druck auf öffentliche Dienstleistungen.

Als Reaktion auf die Belastung des Libanon durch Interner Link: den Krieg im Nachbarland Syrien und die damit einhergehende Flüchtlingskrise zeichnet sich ein Wandel in der internationalen Unterstützung in den Jahren 2015 und 2016 ab, der auf die Wahrung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in einer Zeit hoher Anfälligkeit und beispielloser Bedrohungen zielt. Es ist vorgesehen, dass die Regierung des Libanon und nationale und internationale Partner einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und gemeinsam humanitäre und stabilisierende Maßnahmen verstärken. Humanitäre Einsätze im Libanon entwickeln sich von Notfall- in langfristige ("protracted") Maßnahmen zur Krisenbekämpfung. Eine Schlüsselorganisation zur Umsetzung dieser Maßnahmen ist der Interner Link: Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) mit seinem Mandat, Flüchtlinge zu schützen und zu unterstützen und dauerhaften Lösungen für ihre Situation zu finden.

Die Unterstützungsstrategie des UNHCR für syrische Flüchtlinge

Zu Beginn der Krise übernahm der UNHCR die organisationsübergreifende humanitäre Antwort auf die Fluchtzuwanderung in enger Zusammenarbeit mit dem libanesischen Rat für Entwicklung und Wiederaufbau und dem Sozialministerium des Landes und mit Unterstützung von fast 80 humanitären Akteuren, einschließlich des Welternährungsprogramms (Interner Link: WFP) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF), sowie lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen. Um auf die unmittelbaren Bedürfnisse zu reagieren, die durch die Krise hervorgerufen wurden, etablierte der UNHCR eine regionale Strategie und einen regionalen Rahmen zur Abstimmung humanitärer Maßnahmen für die Menschen, die aus Syrien nach Jordanien, in den Libanon, die Türkei und den Irak geflohen sind. Der sogenannte Regional Humanitarian Response Framework hat sich seit seiner Entstehung 2012 weiterentwickelt und wurde 2015 in einen ganzheitlichen humanitären und Stabilisierungs-/Resilienz-Plan transformiert. Dieser soll sowohl auf die Bedürfnisse von Flüchtlingen als auch betroffenen lokalen Gemeinschaften in den Aufnahmeländern eingehen, während er gleichzeitig eine Stabilisierung dieser Länder anstrebt. Dieser Plan wird gemeinsam vom jeweiligen Aufnahmeland, dem UNHCR und dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) umgesetzt. Im Libanon trägt er den Namen Libanesischer Plan zur Antwort auf die Krise (Lebanon Crisis Response Plan – LCRP). Der sogenannte Krisenantwortplan veranschlagt für das Jahr 2016 Zuwendungen von Finanzgebern in Höhe von 2,48 Milliarden US-Dollar, um humanitäre und stabilisierende Hilfe sowie Schutz für fast 2,8 Millionen besonders gefährdete Menschen (Flüchtlinge und Libanesen) zur Verfügung stellen zu können und in Dienstleistungen, Wirtschaft und Institutionen zu investieren, damit diese die besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppen erreichen.

Die drei im Krisenantwortplan festgelegten Reaktionsbereiche sind:

  • der dringende humanitäre Bedarf der schutzbedürftigsten Bevölkerungsgruppen im Libanon, insbesondere der syrischen Flüchtlinge,

  • die Bewältigungsfähigkeit aller von der Krise betroffenen Gemeinschaften,

  • tiefer verwurzelte Entwicklungsunterschiede, die kurzfristig angegangen werden können.

Die Maßnahmen basieren auf identifizierten Bedürfnissen, der Kapazität, die erwogenen Maßnahmen in die Praxis umzusetzen, und dem Potenzial, ihren positiven Einfluss auf die Stabilisierung des Landes zu vergrößern.

Andere Aktivitäten des UNHCR umfassen eine Vielzahl humanitärer Bereiche, inklusive Schutz, Unterbringung, Wasser, Kanalisation und Hygiene, Grundversorgung, Unterstützung von Institutionen und Kommunen und organisationsübergreifende Koordination.

Ein Beispiel für die Veränderungen der im libanesischen Krisenantwortplan 2015 und 2016 festgelegten Interventionsstrategie ist die Stärkung und Nutzung nationaler Systeme, um auf die Bedürfnisse von Flüchtlingen und libanesischen Staatsangehörigen eingehen zu können. So fließen beispielsweise finanzielle Mittel des Geberkonsortiums zur Unterstützung des Bildungssystems direkt in die nationale Strategie des libanesischen Bildungsministeriums, mithilfe derer allen Kindern der Zugang zu Bildung ermöglicht werden soll ("Reach All Children with Education (RACE)-Strategie). Das Bildungssystem ist bei diesem Strategiewechsel führend. Das libanesische Bildungsministerium, unterstützt von der internationalen Gemeinschaft, UNHCR, UNICEF und UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization/Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur), strebt an, dass mehr Kinder zur Schule gehen können und die Qualität der Bildung sowohl für syrische als auch libanesische Kinder steigt. Syrische Kinder sollen eine zertifizierte Bildung erhalten, während gleichzeitig das Bildungssystem als solches gestärkt wird, um langfristig die Qualität für libanesische Kinder zu verbessern.

Grundlegend für die Arbeit des UNHCR und seiner Partner ist ein besseres Verständnis der Bedarfe und der aktuellen Lebenssituation von Flüchtlingsgruppen im Libanon. Ein Weg, um diese Wissensgrundlage zu schaffen, ist die Durchführung einer sozio-ökonomischen Vulnerabilitätsstudie (Vulnerability Assessment), die die ökonomische Verwundbarkeit in unterschiedlichen Sektoren in den Blick nimmt. Die Vulnerabilitätsstudie hilft festzustellen, in welchen Bereichen fehlende wirtschaftliche Ressourcen verschiedene andere Probleme hervorrufen wie zum Beispiel unzureichende Nahrungsmittelsicherheit, Unterkünfte, Gesundheitsversorgung und Bildung oder mangelnden Schutz. Mit der Unterstützung von Gebern und in Kooperation mit Partnerorganisationen aus der Zivilgesellschaft ist 2013 ein Rahmenplan für eine jährliche Vulnerabilitätsstudie für syrische Flüchtlinge (Vulnerability Assessment for Syrian Refugees – VASyR) ins Leben gerufen worden. Diese wird vom Welternährungsprogramm geleitet und gemeinsam mit UNHCR und UNICEF durchgeführt. 2015 wurden dabei landesweit 4.300 Haushalte von Flüchtlingen befragt, wobei ein multisektoraler Ansatz gewählt wurde, der darauf zielte, ein möglichst genaues Bild der sozio-ökonomischen Vulnerabilität der Haushalte zu erstellen. Dabei wurden zentrale Indikatoren für die Interner Link: Ernährungssicherheit untersucht, wie Haushaltsausgaben, Nahrungsmittelvielfalt, Gesundheitszustand, Unterbringungsbedingungen, Bildung und Familienzusammensetzung. Die Vulnerabilitätsstudie für syrische Flüchtlinge erlaubt es Akteuren im humanitären Bereich, das Profil der Flüchtlingsbevölkerung zu verstehen und die Charakteristika der verschiedenen sozio-ökonomischen Gruppen innerhalb dieser Bevölkerung zu definieren.

Charakteristika der syrischen Flüchtlingsbevölkerung im Libanon

Die Vulnerabilitätsstudie für syrische Flüchtlinge 2015 fand im zweiten Jahr ihrer Durchführung heraus, dass sich die durchschnittliche Haushaltsgröße von 6,6 Mitgliedern 2014 auf 5,3 Mitglieder verringert hatte. Große Haushalte waren seltener zu finden; nur 25 Prozent hatten sieben oder mehr Mitglieder im Vergleich zu 40 Prozent im Jahr 2014. Ein Grund für diese Entwicklung liegt darin, dass Menschen in der Anfangszeit nach ihrer Flucht mit ihren erweiterten Familien eine Unterkunft teilten. Mit zunehmender Dauer ihres Aufenthalts gingen sie dann dazu über, die Haushaltszusammensetzungen, die sie in Syrien unterhielten, wieder zu etablieren.

48 Prozent der syrischen Flüchtlingsbevölkerung im Libanon sind unter 15 Jahre alt, 36 Prozent sind jünger als zehn Jahre. Das Durchschnittsalter des Haushaltsvorstands lag bei 39 Jahren und 81 Prozent der Haushaltsvorstände waren männlich. Obwohl sie nur weniger als ein Fünftel der Haushaltsvorstände stellen (19 Prozent), war die Zahl der Frauen, die einem Haushalt vorstanden, gegenüber 2014 (16 Prozent) und noch stärker im Vergleich zu 2013 (11 Prozent) gewachsen. Gespräche mit der syrischen Gemeinschaft legen nahe, dass viele der Männer in Syrien verblieben oder dort gestorben sind. 5,4 Prozent der Haushalte wurden von einem Erwachsenen im Alter von mindestens 60 Jahren geführt, ein Prozent der befragten Haushalte wurde von einem Kind unter 18 Jahren geleitet. Fast 27 Prozent der Haushalte berichteten, dass mindestens eines ihrer Mitglieder spezielle Bedürfnisse habe; das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber 2014 (49 Prozent). Rund sieben Prozent der syrischen Haushalte hatten mindestens ein behindertes Familienmitglied im erwerbsfähigen Alter.

Abbildung 2: Alterspyramide der syrischen Flüchtlingsbevölkerung im Libanon (© UNHCR)

Im Libanon gibt es keine Flüchtlingslager für Syrer. Stattdessen leben syrische Flüchtlinge über das ganze Land verteilt in mehr als 1.700 Orten. Basierend auf Studien und etablierten Entwicklungstendenzen wohnen 55 Prozent aller Flüchtlinge in gemieteten Wohnungen. Oft teilen sie sich sehr kleine und extrem einfache Unterkünfte mit anderen Flüchtlingsfamilien, was zu sehr beengten Wohnverhältnissen führt. Die übrigen 45 Prozent leben in anfälligen Behausungen wie Zelten in inoffiziellen Siedlungen oder Unterkünften, die keine Mindeststandards erfüllen, wie zum Beispiel Garagen, Arbeitsstätten oder Bauruinen. Etwa die Hälfte der syrischen Flüchtlinge (44 Prozent) leben in einer Unterkunft, die nur ein Zimmer hat, das sie oft mit einer oder mehreren Familien teilen. Der UNHCR und seine Partner arbeiten schwerpunktmäßig an der Verbesserung und dem Wetterschutz der unsichersten Wohnstätten, insbesondere in informellen Siedlungen, Garagen, Lagerräumen und Bauruinen.

Die Ergebnisse der Vulnerabilitätsstudie bestätigen, dass die syrischen Flüchtlinge höchst schutzbedürftig sind und dass eine große Mehrheit von ihnen arm ist und von Jahr zu Jahr ärmer wird. Basierend auf Daten zu Haushaltsausgaben 2015 (berechnet anhand der Methode eines Korbs von Waren und Dienstleistungen), befanden sich mehr als die Hälfte der Haushalte (52 Prozent) unter dem Existenzminimum von 87 US-Dollar pro Kopf und Monat, verglichen mit 26 Prozent im Jahr 2014. 69 Prozent (verglichen mit 43 Prozent 2014) der Haushalte lebten unter dem Warenkorbwert von 114 US-Dollar pro Kopf und Monat. Die Mehrzahl der syrischen Flüchtlinge ist von humanitärer Nahrungsmittelunterstützung als primärer Nahrungsmittelquelle abhängig. Dennoch – und trotz der Bemühungen des Interner Link: Welternährungsprogramms mehr als die Hälfte der gesamten Flüchtlingsbevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen – gaben die meisten der befragten Haushalte (89 Prozent) an, unter einem Nahrungsmangel zu leiden bzw. nicht über genügend Geld zu verfügen, um sich ausreichend Nahrungsmittel kaufen zu können. Die gängigsten Strategien zum Umgang mit dieser Situation waren die Reduzierung des Nahrungsmittelkonsums (84 Prozent), der Kauf von Nahrungsmitteln auf Kredit (80 Prozent), die Verringerung anderer Haushaltsausgaben (59 Prozent), das Ausgeben von Ersparnissen (38 Prozent), der Verkauf von Waren (32 Prozent), das Herausnehmen von Kindern aus der Schule (20 Prozent) und die Veräußerung von den wenigen übriggebliebenen Wertgegenständen (10 Prozent).

In dem Bemühen Syrer im Libanon besser zu unterstützen, haben UNHCR und seine Partnerorganisationen damit begonnen, einen Teil ihrer Unterstützungsleistungen in Form von Bargeld auszuzahlen. Der UNHCR nutzt Barzuwendungen als wirksame Form der Hilfe, um die Auswirkungen großer Interner Link: Armut in den Flüchtlingsgemeinschaften abzumildern. Diese Form der Hilfe ist ein würdigerer Weg, die betroffenen Bevölkerungen zu unterstützen, da sie sie dazu befähigt, ihre eigenen Prioritäten zu bestimmen und den besten Weg darstellt, diese umzusetzen. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, dass Barzuwendungen zur Unterstützung von Flüchtlingen gut funktionieren, ihre volle Wirksamkeit aber durch Aspekte der Flüchtlingspolitik in den Aufnahmeländern eingeschränkt wird. Erkenntnisse aus dem Libanon und anderen Teilen der Welt zeigen, dass Flüchtlinge, die Barzuwendungen erhalten, dieses Geld für Haushaltsbedarf investieren oder es für grundlegende Bedürfnisse wie Nahrungsmittel und bessere Unterkünfte ausgeben. Zur Verfügung stehende Daten weisen zudem nach, dass Flüchtlinge sehr verantwortungsvolle Entscheidungen mit ihrer Bargeldhilfe treffen.

Diese Erkenntnis wird auch durch einen Bericht der Weltbank bestätigt, der die Ansicht vertritt, dass Programme zur Unterstützung von Flüchtlingen ein wirksamer Weg sind, um die Armut von Flüchtlingen mit humanitären Maßnahmen zu lindern, gleichzeitig aber auch darauf verweist, dass diese Art der Hilfe nicht nachhaltig ist und den Übergang von Abhängigkeit in Eigenständigkeit nicht fördern kann.

Um dieses Problem anzugehen, gibt der UNHCR im Jahr 2016 solchen Maßnahmen Vorrang, die auf die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Flüchtlingsgemeinschaften und einzelner Individuen zielen, wobei er staatliche Einrichtungen und Dienstleistungen nutzt, um Hilfsleistungen anzubieten. So soll zum Beispiel Kindern durch einen ganzheitlichen Ansatz Bildung zuteilwerden, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass die ärmsten Flüchtlinge eine grundlegende reguläre und saisonale Unterstützung durch Barzuwendungen erhalten.

Der UNHCR ist allerdings vollständig von freiwilligen Zuwendungen von Gebern und Partnern abhängig, um auf die beispiellos hohen humanitären Bedürfnisse reagieren zu können. Da Hilfsprogramme allein nicht ausreichen, betont UNHCR, dass es wichtig ist, zusätzliche Mechanismen und Programme zu fördern, die Wirtschaftswachstum und wirtschaftliche Möglichkeiten schaffen, um das Leben sowohl der aufnehmenden Bevölkerungen als auch der Flüchtlinge zu verbessern, die von der syrischen Flüchtlingskrise betroffen sind. Ein wichtiger Teil dieser Unterstützung gilt Syriens Nachbarländern, wie dem Libanon, die die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen haben und damit die größte Last tragen. Kurzportrait des UNHCR:

Eingerichtet von den UN-Mitgliedstaaten mit dem Auftrag, sich um Flüchtlinge in der Welt zu kümmern, nahm der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) 1951 seine Arbeit auf; sein erstes Büro im Libanon richtete er 1964 ein. Im Laufe der Jahre haben die Generalversammlung der UN und der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) das Mandat des UNHCR durch Resolutionen ausgeweitet, die die Organisation dazu aufriefen, nicht nur Flüchtlinge, sondern auch andere Menschen ("people of concern") mit dem Bedarf an internationalem Schutz aufgrund von Verfolgung, Konflikten, generalisierter Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen. Heute beschäftigt UNHCR mehr als 12.000 nationale und internationale Mitarbeiter in 125 Ländern der Welt, um Flüchtlingen, Personen im Asylverfahren, Binnenvertriebenen und staatenlosen Personen zu helfen, deren Zahl sich auf über 60 Millionen beläuft.

Kurzportrait des UNHCR

Eingerichtet von den UN-Mitgliedstaaten mit dem Auftrag, sich um Flüchtlinge in der Welt zu kümmern, nahm der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) 1951 seine Arbeit auf; sein erstes Büro im Libanon richtete er 1964 ein. Im Laufe der Jahre haben die Generalversammlung der UN und der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) das Mandat des UNHCR durch Resolutionen ausgeweitet, die die Organisation dazu aufriefen, nicht nur Flüchtlinge, sondern auch andere Menschen ("people of concern") mit dem Bedarf an internationalem Schutz aufgrund von Verfolgung, Konflikten, generalisierter Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen. Heute beschäftigt UNHCR mehr als 12.000 nationale und internationale Mitarbeiter in 125 Ländern der Welt, um Flüchtlingen, Personen im Asylverfahren, Binnenvertriebenen und staatenlosen Personen zu helfen, deren Zahl sich auf über 60 Millionen beläuft.

Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel

Zum Thema

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Libanon.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Seit Januar 2015 dürfen syrische Staatsangehörige, die in den Libanon einreisen wollen, dies nur noch im Rahmen festgelegter Visa-Kategorien tun und müssen zur Erlangung eines Visums eine Reihe von Dokumenten vorlegen. Visa können ausgestellt werden für Touristen, Arbeitsbesuche, Grundstückseigentümer, Mieter, Studierende, Einkäufe, Durchreise (Transit), medizinische Besuche, Termine bei einer ausländischen Botschaft und schließlich für Vertriebene (Oxfam (2015): Lebanon: Looking Ahead in Times of Crisis. Taking stock of the present to urgently build sustainable options for the future. Externer Link: https://www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/file_attachments/dp-lebanon-looking-ahead-time-crisis-141215-en_0.pdf (Zugriff: 1.4.2016).

  2. UN/World Bank (2013): Lebanon. Economic and Social Impact Assessment of the Syrian Conflict. September.

  3. UN (2014): Syria Regional Response Plan. Externer Link: http://www.unhcr.org/syriarrp6/ (Zugriff: 1.4.2016).

  4. World Bank (2016): Global Economic Prospects. Spillover amid Weak Growth. Januar.

  5. Langwierige Krisen ("protracted crises") sind definiert worden als "jene Umgebungen, in denen ein bedeutender Anteil der Bevölkerung über einen längeren Zeitraum hinweg akut mit dem Tod, Krankheiten und der Beeinträchtigung der Existenzsicherung bedroht ist. Die Regierungsgewalt in diesen Umgebungen ist gewöhnlich sehr schwach ausgeprägt; der Staat hat nur eine eingeschränkte Kapazität auf die Gefahren, denen die Bevölkerung ausgesetzt ist, zu reagieren und diese abzumildern oder ein adäquates Maß an Schutz zur Verfügung zu stellen" (Food and Agricultural Organization of the United Nations – FAO (2010): The State of Food Insecurity in the World 2010. Addressing food insecurity in protracted crises. Externer Link: http://www.fao.org/docrep/013/i1683e/i1683e.pdf; Zugriff: 1.4.2016).

  6. Der LCRP beschreibt, wie die Regierung des Libanon und ihre Partner zusammenarbeiten werden, um durch die Krise hindurch Stabilität zu stärken und gleichzeitig besonders benachteiligte Einwohner des Landes zu schützen, zu denen de facto auch Flüchtlinge zählen. Der Plan ist Teil des regionalen Flüchtlings- und Resilienz-Plans 2015-2016 (Regional Refugee and Resilience Plan 2015-16, 3RP) und stellt das internationale und libanesische Engagement dar, Strategien und Finanzierung zu fördern, um die negativen Auswirkungen der Krise auf die Stabilität des Libanon abzuschwächen. Stabilisierung bedeutet im Kontext des LCRP die Stärkung der nationalen Kapazitäten, auf Langzeitarmut und soziale Spannungen zu reagieren und gleichzeitig humanitäre Bedürfnisse anzugehen.

  7. Die folgenden Gruppen gelten allgemein als jene mit besonderen Bedürfnissen: gefährdete Mädchen und Jungen, einschließlich unbegleiteter und von ihrer Familie getrennter Kinder, Personen mit ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Personen mit dem Bedarf an speziellem rechtlichen oder körperlichen Schutz, alleinstehende Frauen, Haushalte, die von Frauen geführt werden, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung und Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität. Dennoch wird nicht jedes Individuum, das zu einer dieser Personengruppen gehört, spezielle Bedürfnisse haben und die Bedürfnisse können sich auch mit der Zeit und je nach Kontext verändern.

  8. Der Korb der Mindestausgaben (Minimum Expenditure Basket – MEB) ist eine Methode, um Armutsgrenzen für Flüchtlingsbevölkerungen festzulegen. Sie entwickelt sich zum vorrangingen Instrument, um auf der Basis von Kaufpreisen die minimalen Existenzbedürfnisse von Flüchtlingen in einem bestimmten Land ermitteln zu können. Im weitesten Sinne folgt die Methode dabei dem Konzept des "Kosten für die Deckung grundlegender Bedürfnisse"-Ansatzes, dargestellt im Handbuch zur Armutsanalyse (Poverty Manual) der Weltbank aus dem Jahr 2005. Der Korb der überlebenssichernden Mindestausgaben (Survival Minimum Expenditure Basket – SMEB) ist der Ausdruck der monatlichen Kosten pro Kopf, die für das physische Überleben notwendig sind und impliziert den Verlust einer Reihe von Rechten.

  9. Kommentar des Autors: Obwohl viele Syrer beim UNHCR als Flüchtlinge registriert sind, sind sie mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Sie haben zwar Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, deren Verfügbarkeit ist aber aufgrund der gestiegenen Nachfrage eingeschränkt. Eine Schlüsselherausforderung für syrische Flüchtlinge ist, dass es ihnen oft nicht gelingt, ihre Aufenthaltsgenehmigung zu erneuern und sie nicht arbeiten dürfen, um ihre täglichen Ausgaben finanzieren zu können.

  10. 1) Blattman, Christopher/Niehaus, Paul (2014): Show them the money. Foreign Affairs, Vol. 93, Nr. 3, S. 117-126. 2) Lehman, Christian/Masterson, Daniel (2014): Emergency Economies: The Impact of Cash Assistance in Lebanon. August. International Rescue Committee. 3) El Asmar, Khalil/Masterson, Daniel (2015): Impact Evaluation of the 2014-15 Winter Cash Assistance Programme for Syrian Refugees in Lebanon. August.

  11. Der gemeinsame Bericht der Weltbankgruppe und des UNHCR "The Welfare of Syrian Refugees: Evidence from Jordan and Lebanon" bietet eine Momentaufnahme der Flüchtlingsbevölkerung im Jahr 2014 und ihres Wohlergehens.

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Marc Petzoldt für bpb.de

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ist Beauftragter für humanitäre Hilfsleistungen und Planungen beim UNHCR in Beirut, Libanon. Er hat sowohl einen Masterabschluss in Humanitärer Hilfe an der Universität Genf als auch einen Abschluss im Studiengang Executive Master of Public Management der Hertie School of Governance in Berlin erworben.